Der praktische Erbrechtsfall

ANFECHTUNG DES TESTAMENTS /
TESTIERUNFÄHIGKEIT / ERBSCHEINSVERFAHREN

Angesichts immer höherer Nachlässe sehen sich auch immer häufiger vermeintlich übergangene Erben veranlasst, Testamente anzufechten, insbesondere mit der Begründung, der Erblasser sei nicht mehr testierfähig gewesen („Er hat viel Alkohol getrunken“; „Er hatte Durchblutungsstörungen“; „Er war alt und klapperig“, usw.). Diesen Versuchen ist selten Erfolg beschieden. Dennoch ist es hilfreich, sich sachkundig mit den Anforderungen an die Testierunfähigkeit des Erblassers im streitigen Verfahren und im Erbscheinsverfahren vertraut zu machen. Anhand der nächsten drei zitierten Entscheidungen und eines Aufsatzes, die sich exemplarisch und äußerst instruktiv mit der Frage der Testierunfähigkeit und den Verfahrensgrundsätzen auseinandersetzen, sollte man für die Auseinandersetzung gerüstet sein.

1. Feststellung der Testierunfähigkeit (bei fortgeschrittener Gehirnarteriosklerose)

Beschluss des Obersten Bayerischen Landesgerichts vom 01.08.1979 (BayObLGZ 1997, 256)

1. Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis gelten auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

2. Zur Frage des Anscheinsbeweises bei der Feststellung der Testierunfähigkeit infolge fortgeschrittener Gehirnarteriosklerose im Hinblick auf lichte Intervalle.

Das Oberste Bayerische Landgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem zwei Beteiligte in einem Erbscheinsverfahren widerstreitende Anträge auf Erteilung eines Erbscheins gestellt hatten. Es war im Wesentlichen die Frage der Testierunfähigkeit einer 87jährigen Erblasserin bei fortgeschrittener Gehirnarteriosklerose im Hinblick auf lichte Intervalle zu klären. In dem dortigen Falle hatte der Vormundschaftsrichter aufgrund des ihm vorliegenden Gutachtens und seines persönlichen Eindrucks von der Erblasserin nur wenige Tage vor der Testamentserrichtung die Überzeugung gewonnen, dass die Erblasserin auf dem geistigen Stand eines Kindes unter sieben Jahren und ‚völlig unselbstständig und in den Händen geschickter Menschen sehr leicht beeinflussbar’ sei (a.a.O., Seite 264). Im anschließenden Entmündigungsverfahren dieser Erblasserin kam der dortige Richter zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin wegen ihrer geistigen Störung zu rechtswirksamen Verfügungen über ihr Vermögen nicht mehr in der Lage sei und das eine Entmündigung nur deshalb nicht ausgesprochen werden dürfe, weil die Erblasserin einen kleinen Teil ihrer Angelegenheiten noch selbst besorgen könne und für die Besorgung ihrer Vermögensangelegenheiten eine Pflegschaft ausreiche (a.a.O., Seite 264).

Selbst in einem solchen Fall hielt das Bayrische Oberste Landgericht die Testierfähigkeit nicht für ausgeschlossen, weil die Erblasserin in einem lichten Intervall testierfähig gewesen sein könnte.

Die Darlegungen des Gerichts können als grundlegend für sehr viele spätere einschlägige Entscheidungen angesehen werden.

2. Feststellung der Testierunfähigkeit (bei Drohung oder Motivirrtum)/Qualität des Zeugenbeweises

Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 07.09.1999 (NJW 2001, 903)

1. Ein Erblasser ist solang als testierfähig anzusehen, als seine Testierunfähigkeit nicht bewiesen ist. Die Feststellungslast für die Testierfähigkeit hat derjenige zu tragen, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit des Testaments des Erblassers beruft.

2. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die durch Zeugen oder andere Beweismittel feststellbaren Tatsachen nicht ausreichen können, um den Ausnahmefall der Testierunfähigkeit des Erblassers mit Hilfe eines Sachverständigen zu begründen, darf es davon absehen, ein Gutachten erstellen zu lassen.

3. Zur Anfechtung eines Testaments wegen Drohung und Motivirrtums.
Das Kammergericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem u. a. zu klären war, ob die angeblichen Äußerungen eines Pfarrers gegenüber einer Erblasserin, die Kirche könne sich nicht mehr um sie kümmern, wen sie nicht wunschgemäß testiere, eine Drohung darstellen können.
Das Kammergericht legt unter mehrfachem Hinweis auf den oben zitierten Beschluss des BayObLG sehr instruktiv die Anforderungen an die Beweisführung im FGG-Erbscheinverfahren und die Beweiskraft einzelner Beweismittel dar.

Hinsichtlich des Zeugenbeweises eines Notars:
„Auch seiner Aussage durfte das Gericht erhöhte Bedeutung beimessen, da er als Notar gem. § 28 BeurkG von Amts wegen zur Prüfung der Testierfähigkeit vor der Beurkundung verpflichtet war.

Hinsichtlich „Laien“-Zeugen:
„Denn bei ihnen handelt es sich ersichtlich um Laien auf humanmedizinischem Gebiet, die auch zur Beurteilung der Voraussetzungen von Testierunfähigkeit nicht besonders geschult sind. Eine Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung liegt in dem Absehen von ihrer Vernehmung daher nicht.“

3. Die postmortale Schweigepflicht des Arztes beim Streit um die Testierfähigkeit des Patienten

Bartsch, Die postmortale Schweigepflicht des Arztes beim Streit um die Testierfähigkeit des Patienten (NJW 2001, 861)

Der Artikel beleuchtet die postmortale Schweigepflicht des Arztes im gerichtlichen Verfahren. Mit sehr ausführlichem Fundstellenverzeichnis wird dargelegt, dass i. R. die Beteiligten einer Vernehmung des Arztes nicht werden widersprechen können, da die Gerichte nahezu ausnahmslos unterstellen, dass die Aussage des Arztes dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht.

Merke:
Dessen ungeachtet sollten Beteiligte, denen daran liegt, dass der Arzt nicht aussagt oder nur zu entscheidungsrelevanten Fragen befragt wird, die Beweisanordnungen des Gerichts sehr aufmerksam verfolgen: Man wird davon ausgehen müssen, dass eine Aussage, die unter Verstoß gegen die Schweigepflicht gemacht worden ist, gleichwohl vom Gericht verwertet werden darf.

4. Recht der Beteiligten auf Einsichtnahme in beigezogene Krankenakten

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 29.03.2000 (ZERB 2000, 204)

Will das Nachlassgericht in seiner Entscheidung zur Testierfähigkeit des Erblassers dessen Krankenakte verwerten, so darf es einem Beteiligten, der Einsicht in diese Krankenakte verlangt, die Einsichtsnahme nicht verweigern; anderenfalls liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor. Gegebenenfalls ist die Krankenakte dem vom Antragsteller entsprechend bevollmächtigten Privatgutachter auszuhändigen, wenn der Antragsteller zu substanziiertem Sachvortrag der Hilfe des Privatgutachters bedarf.

AUFTRAGSRECHT

1.Anspruch des Erben auf Herausgabe von Sparbüchern und Bargeld gegen einen Kontobevollmächtigten

Landgericht Berlin, Urteil vom 10.03.1998, Az. - 20 O 571/97 –

Die Erbin fordert die Herausgabe von Sparbüchern und die Zahlung eines Geldbetrages. Der Erblasser, der im Krankenhaus lag, hatte der Beklagten am 15.08.1997 Kontovollmachten für die auf seinen Namen lautenden Sparbücher erteilt. Die Beklagte ließ sich von den Sparbüchern am 27.08.1997 unter Vorlage der Sparbücher insgesamt DM 15.000,-- auszahlen. Die Beklagte behauptet, sie habe das Bargeld und die Sparbücher dem Erblasser ins Krankenhaus gebracht und in ein abschließbares Fach gelegt.

Das Gericht hat der Klage auf Zahlung des Bargeldes und Herausgabe der Sparbücher stattgegeben. Selbst wenn als wahr unterstellt wird, dass der Erblasser die Beklagte beauftragt hat, das Geld und die Sparbücher zu holen, ergibt sich der Anspruch aus dem Auftragsrecht (§ 667 BGB). Die Beklagte ist darlegungs- und beweispflichtig für ihre Behauptung, sie sei der Herausgabepflicht nachgekommen.

Falls der Erblasser keinen Auftrag erteilt hat, ergibt sich der Anspruch auf Herausgabe der Sparbücher aus § 985 BGB. Das Eigentum an den Sparbüchern folgt gem. § 952 BGB der Inhaberschaft an den Forderungen, die gem. § 1922 BGB vom Erblasser auf die Erbin übergegangen ist. Die Beklagte wusste, dass sie auf Dauer nicht zum Besitz berechtigt ist. Die Beklagte bestreitet, immer noch Besitzerin zu sein. Dies ist aber unerheblich, da sie als bösgläubige Besitzerin auf jeden Fall auf Schadensersatz haftet. Ein Vorgehen nach § 283 BGB (Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Fristsetzung nach Verurteilung) führt hier zu keiner weitergehenden Haftung.

Der Anspruch auf Rückzahlung des Bargeldes beruht auf § 812 BGB. Auch in diesem Fall wäre die Beklagte beweispflichtig, dass sie das Geld wirklich dem Erblasser übergeben hat.

Merke:
Was eine Quittung doch alles so ausmachen kann!

2. Beweislast des Beauftragten für die Erfüllung seiner Verpflichtungen (Herausgabe)

Landgericht Itzehoe, Urteil vom 17.12.1998, Az. – 4 S 37/98 -

Ein Beauftragter ist im Rahmen seines Auftragsverhältnisses darlegungs- und beweispflichtig für die Tatsache, dass er den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB m Sinne von § 362 BGB durch Übergabe erfüllt hat.

aus den Entscheidungsgründen:

Da der Beklagte die Barabhebungen eingeräumt hat, ist er darlegungs- und beweisbelastet für seine Behauptung, dass er den Herausgabeanspruch im Sinne von § 362 BGB durch Übergabe des Bargeldes an die Mutter der Parteien erfüllt hat. Denn im Zivilrecht gilt der Grundsatz, dass jede Partei die Beweislast für die ihr günstigen Umstände trifft. Nach Auffassung der Kammer sind auch keine Umstände vorgetragen, die im vorliegenden Fall dafür sprechen könnten, dem Beklagten Beweiserleichterungen zuzugestehen oder die generelle Beweislastregel umzukehren. Denn er hätte sich die Übergabe der Geldbeträge durch seine Mutter quittieren lassen oder Zeugen zur Geldübergabe hinzuziehen können. Der Beklagte hat den Beweis, dass er seine Verpflichtung zur Herausgabe von 26.300,--DM erfüllt hat, nicht erbracht. Beweismittel hat er für die Behauptung der Übergabe der Barbeträge an seine Mutter nicht angeboten. Es sind darüber hinaus auch keine Indiztatsachen vorgetragen, aus denen auf eine Geldübergabe an die Mutter geschlossen werden könnte. Der Umstand, dass die Mutter offenbar über eine Geldkassette verfügte und der Beklagte keine Bareinzahlungen auf sein Girokonto im fraglichen Zeitraum zwischen dem 04. Mai und 23. Juni 1995 vorgenommen haben will, lassen den von dem Beklagten gewünschten Schluss auf die Geldübergabe nicht zu.

Für eine Vernehmung des Beklagten als Partei nach § 448 ZPO war kein Raum. Seine Anhörung vor der Kammer und seine vom Amtsgericht protokollierten Angaben bei der in der ersten Instanz durchgeführten Parteivernehmung sind nicht widerspruchsfrei. Jedenfalls sind seine Angaben zur Weitergabe der abgehobenen Bargeldbeträge an seine Mutter nicht konkret genug, um die Kammer von seinem Tatsachenvortrag zu überzeugen. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, was die bettlägerige Mutter der Parteien, die auch nach dem Vortag des Beklagten bereits sehr geschwächt war, mit dem Bargeld von 26.300,-- DM gemacht hat und wo es geblieben sein könnte. Der Hinweis des Beklagten auf einige Briefumschläge, die er für seine Mutter in der fraglichen Zeit zur Post gebracht hat, reicht als Erklärung dafür, dass die Mutter der Parteien die Geldbeträge von 26.300,-- DM bis auf den letzten Pfennig versandt und verschenkt haben könnte, nicht aus.

WERTERMITTLUNGSANSPRUCH BEI „ÜBERQUOTALER“ TEILUNGSANORDNUNG

Die Teilungsanordnung ist ein sinnvolles, manchmal aber auch verhängnisvolles Instrument, um dem Erben eine bestimmte Sache (Gegenstand) aus dem Nachlass zukommen zu lassen. Die Erbfolge vollzieht sich bekanntlich grundsätzlich im Wege der „Universalsukzession“, d.h. der Erbe wird Rechtsinhaber einer Rechtsgesamtheit. Gibt es mehrere Erben, erwerben diese nicht bestimmte Gegenstände, sondern „gesamthänderisch“ Anteile an den Gegenständen.

1. Teilungsanordnung, grundsätzlich

Verfügt der Erblasser eine Teilungsanordnung, ändert sich dies. Der einzeln bedachte Erbe wird Rechtsinhaber dieser Sache. Es bleibt jedoch dabei, dass mehrere Erben nach Quoten erwerben. Dies hat zur Folge, dass der einzeln bedachte Erbe sich den Wert der Sache auf seine Quote anrechnen lassen muss, es sei denn, der Erblasser hat ausdrücklich oder konkludent etwas anderes verfügt.

Beispiel:
Der Erblasser legt testamentarisch fest, dass der Erbe A das Grundstück 1 und der Erbe B das Grundstück 2 erhalten soll. Das Testament enthält sonst keine Hinweise auf Quoten oder Anrechnungen.
Der Gesamtnachlasswert beträgt DM 1.000.000,-- (1 Mill.), der Wert des Grundstücks 1 beträgt DM 300.000,--, der Wert des Grundstücks 2 DM 600.000,--

Folge:
Beide Erben sind zu je ½ des Nachlasses Erben geworden. Erbe B muss DM 100.000,-- an den Erben A ausgleichen, da er nur Anspruch auf ½ des Nachlasses (DM 500.000,--) hat.
Diese Konsequenz ist oft vom Erblasser nicht beabsichtigt. Er wird häufig seine Gründe haben, einem Erben mehr zukommen lassen zu wollen als dem anderen. Will der Erblasser, dass Erbe 2 nicht nur das Grundstück als solches erhält, sondern auch den höheren Wert, muss er dies ausdrücklich regeln.

2. Auskunftsanspruch unter Miterben

Ein Auskunftsanpruch besteht unter Miterben nur ausnahmsweise. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Miterbe gegen den anderen eine Stufenklage erhebt als Wertermittlungsanspruch (Auskunft, 1. Stufe) und Zahlung des Wertausgleichs (Leistung, 2. Stufe) (LG Nürnberg-Fürth, NJWE-FER 2000, 261).

Aus den Gründen:
„Dem Kläger steht aufgrund des notariellen Testaments gem. § 2048 BGB ein Wertausgleich zu, den er im Wege der Stufenklage als Wertermittlungsanspruch geltend machen kann...
Es ist davon auszugehen, dass die beiden zugewiesenen Immobilien unterschiedlich werthaltig sind. In einem solchen Fall ist es durchaus denkbar, dass der Erblasser nicht nur eine Teilungsanordnung, sondern bezüglich der Wertdifferenz ein Vorausvermächtnis treffen wollte. Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, dass das Testament von einem Notar verfasst wurde, dem der Unterschied zwischen einer Teilungsanordnung und einem Vorausvermächtnis aufgrund seiner beruflichen Erfahrung geläufig war. Die Wortwahl durch einen Notar hat ein solches Gewicht, dass ein abweichender Erblaserwille nicht anzunehmen ist.“

Hinzuzufügen ist, dass die Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses zu erfolgen hat.

Siehe auch: Auskunft/Kosten

TESTAMENTVOLLSTRECKUNG

Testamentsvollstreckung: Aufgabe, Anordnung und Vergütung

Wie lässt sich ein Streit um das Erbe verhindern? Diese Frage stellt sich vielen Menschen, die ihren Nachlass regeln möchten, vor allem, um familiären Streit zu vermeiden.

Ein erster Schritt, um Streitigkeiten zu verhindern, ist die Errichtung einer letztwilligen Verfügung. Mit der Errichtung eines Einzeltestaments, eines Ehegattentestaments oder eines Erbvertrages können Sie sicherstellen, dass der Nachlass gemäß Ihrem Willen verteilt wird. Ohne eine Regelung des letzten Willens tritt die gesetzliche Erbfolge ein.

Die Klippen sind damit jedoch noch nicht umschifft. Sobald es nicht nur einen Alleinerben gibt, sondern mehrere Erben gemeinsam den Nachlass erhalten, sind ohne eindeutige Regelungen der Kompetenzen Konflikte vorprogrammiert. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft, ob sie wollen oder nicht. Die Erbengemeinschaft wird einfach gesetzlich begründet. Ziel der Erbengemeinschaft ist die Auseinandersetzung. Dies ist die Teilung des Nachlasses, denn jeder Miterbe soll am Ende den auf ihn entfallenden Anteil am Erbe erhalten. Bis zur Teilung gehört jeder einzelne Gegenstand und jede einzelne Forderung aus dem Nachlass jedoch allen Miterben gemeinschaftlich. Alles, was der Erblasser hinterließ, muss gemeinschaftlich verwaltet werden. Wichtige Entscheidungen müssen sogar einstimmig getroffen werden. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung haben sich schon viele Familien aufgrund von Streitereien überworfen.

Vertiefen können Sie die rechtlichen Aspekte der “Schicksalsgemeinschaft Erbengemeinschaft“ auch in meinem Artikel „Die Erbengemeinschaft: Klage eines Miterben im Alleingang“.

Diesen Zerwürfnissen kann auch durch eine Testamentsvollstreckung abgeholfen werden. Dann verwalten nicht die Miterben den Nachlass gemeinsam und teilen diesen unter sich auf. Diese oft sehr zeitintensive und mitunter komplizierte Aufgabe übernimmt mit dem Testamentsvollstrecker ein „externer Dritter“. Dies kann auch ein Mit- oder Vor-/Nacherbe sein, aber dann eben in einer anderen Funktion.

Der Testamentsvollstrecker sorgt für die Verteilung des Nachlasses nach den Vorgaben des Erblassers, sowie dafür, dass Vermächtnisse tatsächlich und zeitnah erfüllt werden.

  1. Anordnung einer Testamentsvollstreckung

Der Erblasser kann eine Testamentsvollstreckung ausschließlich in seiner letztwilligen Verfügung anordnen. Der Testamentsvollstrecker muss also im Einzeltestament, im Ehegattentestament oder im Erbvertrag benannt werden.

  1. Pflichten des Testamentsvollstreckers

Der Testamentsvollstrecker muss einen umfassenden Pflichtenkatalog beachten. Der Erblasser gibt in seinem Testament vor, wie er seinen Nachlass unter den Erben aufgeteilt wissen will. Der Testamentsvollstrecker hat sich akribisch an die Vorgaben zu halten.

Weitere Pflichten können sich aus der Art der Testamentsvollstreckung ergeben. Eine Dauertestamentsvollstreckung kann mit deutlich weitreichenderen Aufgaben und Pflichten verbunden sein als beispielsweise eine Vermächtnisvollstreckung.

Der Aufgabenkatalog umfasst jedoch in fast allen Fällen die Erstellung des Nachlassverzeichnisses, Auskunft- und Rechenschaftspflichten, die Fertigung und Abgabe der Erbschaftssteuererklärung und die Begleichung der Erbschaftssteuer. Selbstverständlich ist in allen Bereichen der Nachlassverwaltung mit hoher Sorgfalt zu arbeiten.

Die komplexen Aufgaben und das haftungsträchtige Tätigwerden des Testamentsvollstreckers sollten im Wege der Vergütung dieser verantwortungsvollen Tätigkeit kompensiert werden. Doch exakt die Höhe der Vergütung ist häufig Gegenstand von Prozessen. Dies liegt in großen Teilen darin begründet, dass dem Testamentsvollstrecker vom Gesetz ein Vergütungsanspruch dem Grund nach zugestanden wird, die Höhe jedoch nicht gesetzlich geregelt ist.

  1. Vergütung des Testamentsvollstreckers

Der Vergütungsanspruch bestimmt sich gemäß § 2221 BGB in erster Linie nach dem Willen des Erblassers. In der Verfügung von Todes wegen (und ausschließlich dort) kann der Erblasser festlegen, ob und ggf. in welcher Höhe der von ihm eingesetzte Testamentsvollstrecker eine Vergütung erhält. Die Anordnung des Erblassers hat Vorrang gegenüber der gesetzlichen Auffangregel des § 2221 BGB. Das Gesetz regelt die Vergütung also nur für die Fälle, in welchen der Erblasser mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht auch gleich die Vergütung des eingesetzten Testamentsvollstreckers verbindlich geregelt hat. Dem Erblasser steht es mithin auch frei, eine Vergütung vollständig zu versagen.

Das Gesetz bestimmt für die nicht vom Erblasser geregelten Fälle, dass der Testamentsvollstrecker eine Vergütung verlangen kann, und zwar in angemessener Höhe. Im Gesetz wird aber nicht erklärt, in welcher konkreten Höhe dieser besteht und wie der Vergütungsanspruch berechnet wird.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ ist von der Rechtsprechung mit Bewertungskategorien ausgefüllt worden. Bei der Ermittlung der Höhe der Vergütung sind

-       der Wert und die Zusammensetzung des Nachlasses,

-       Besonderheiten der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers,

-       die Dauer der Tätigkeit,

-       die Anzahl der beteiligten Personen,

-       evtl. vorhandene Spezialkenntnisse des Testamentsvollstreckers und

-       der Erfolg der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers

zu berücksichtigen.

Da die Ermittlung auch mit diesen Kriterien an der Hand schwierig bleibt, hat die Rechtspraxis Vergütungstabellen als Berechnungsgrundlagen entworfen. Der Erblasser kann in seiner letztwilligen Verfügung auch auf diese Tabellen der Einfachheit halber verweisen.

Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Vergütungstabellen ist der Nachlasswert, in der Regel der Bruttonachlasswert.

Bei Gericht und in der Rechtspraxis haben sich im Wesentlichen zwei Tabellen herausgebildet: Die Möhring’sche Tabelle und die Tabelle des Deutschen Notarvereins.

Nachdem eine Tabelle festgelegt wurde, wird die Vergütung dann häufig über verschiedene, ebenfalls von Gerichten und Rechtspraxis entwickelte, Gebührenarten berechnet. Diese Gebühren orientieren sich, ähnlich z. B. den Rechtsanwaltsgebühren, an den Stadien der Abwicklungstätigkeit. Gebräuchlich ist die Abrechnung einer Konstituierungsgebühr, einer Regelgebühr, einer Verwaltungsgebühr und auch eine Abwicklungsgebühr sowie die Auseinandersetzungsgebühr finden sich in Abrechnungen.

Dennoch führt die Berechnung ohne verbindliche Regelung im Testament oft zu Streit zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben. Schließlich haben die Erben als Gesamtschuldner die Bezahlung der Vergütung aus dem Nachlass zu leisten. Die Vergütung des Testamentsvollstreckers stellt sich als Nachlassverbindlichkeit dar.

Hinweis:

Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ist häufig ein geeignetes Instrument, um Streitigkeiten zu vermeiden. Sie kann auch mit einer Vermögenszuwendung so verknüpft werden, dass der Begünstigte zum Testamentsvollstrecker für sich selbst ernannt wird (Beispiel: Ein Vermächtnisnehmer erhält eine Immobilie. Er wird zum Testamentsvollstrecker für die Übertragung der Immobilie eingesetzt. Auf diesem Wege kann er seine Eintragung im Grundbuch betreiben, ohne auf die Erbengemeinschaft angewiesen zu sein).

Von ebenso hoher Wichtigkeit für die Erreichung des Gesamtziels, eine friedvolle Erbauseinandersetzung, ist aber die Regelung der Vergütung desselben in Höhe und Art in der letztwilligen Verfügung. Dadurch ist dem künftigen Auslegungsstreit im Rahmen des § 2221 BGB der Boden entzogen. Hierbei gilt es jedoch viele Dinge zu beachten. Zum Beispiel sollte, sofern der Erblasser in seiner Verfügung auf eine Vergütungstabelle verweist, aufgenommen werden, dass die bei seinem Todestag gültige Vergütungstabelle Anwendung findet.

Ich empfehle, die Tabelle des Deutschen Notarvereins und diese, wenn nötig, im Einzelfall anzupassen.

Ein Testament kann in diesen Fällen oft nur mit der Hilfe eines Spezialisten für Erbrecht so gestaltet werden, dass Konflikte zwischen den Erben verhindert werden. Gerne berate ich Sie in meiner Kanzlei Rechtsanwalt und Notar Ulrich Krampe. Nach Abklärung der Ausgangslage erhalten Sie von mir eine umfassende Beratung, welche je nach Ihrem Bedarf von mir in deutscher, spanischer oder englischer Sprache vorgenommen werden kann.

Urteil des OLG Frankfurt vom 16.02.2000, - 9 U 76/99 - (ZERB 2000, 203)

1. Der Testamentsvollstrecker verwirkt seinen Vergütungsanspruch nicht schon dann, wenn er die Testamentsvollstreckung zu langsam und zu wenig effektiv durchführt, insbesondere kein Nachlassverzeichnis und keinen Auseinandersetzungsplan erstellt. In diesem Fall ist jedoch die Regelvergütung entsprechend zu vermindern.

2. Der Testamentsvollstrecker kann keine Mehrwertsteuer verlangen, da es sich bei seiner Vergütung um eine Bruttovergütung handelt (im Anschluss an OLG Köln, JurBüro 1993, 669).

3. Einem Testamentsvollstrecker, der gleichzeitig Rechtsanwalt ist, können Anwaltsgebühren nach § 118 BRAGO nur dann zugebilligt werden, wenn ein Testamentsvollstrecker, der nicht gleichzeitig Rechtsanwalt ist, sich zur Erledigung der Verpflichtungen eines Anwalts bedient hätte oder bedienen musste.

3. Kosten/Erstattungsfähigkeit des Kostenaufwandes eines Gläubigers für die Auskunft

Beschluss des OLG Koblenz vom 06.09.1996, - 14 W 528/96 -, (ZEV 1997, 305)

1. Erstattungsfähigkeit des Kostenaufwandes eines Gläubigers zur Herbeiführung einer geschuldeten Auskunft

2. Ist eine Partei im Wege der Stufenklage zur Auskunft über Zuwendungen ihres Rechtsvorgängers (Erblassers) in den letzten 10 Jahren verurteilt und erklärt sie ihr Einverständnis zur Einholung von Bankauskünften durch den Gegner hinsichtlich der Kontenentwicklungen, so sind die Auslagen des Gegners für die Gebühren der Banken für die Auskünfte notwendige und erstattungsfähige Prozesskosten.

Der Kläger hatte im Wege der Auskunfts- und Stufenklage Auskunft über den Wert des Nachlasses und über die Zuwendungen der Erblasserin innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall geltend gemacht. Der Beklagte erklärte ihr Einverständnis mit der Einholung der Auskünfte. Der Rechtspfleger setzte die Auslagen für die Auskünfte (Gebühren der Banken usw.) als erstattungsfähig fest. Die Beklagte erhob Beschwerde.

Das OLG vertrat die Ansicht, dass die Einholung Auskünfte der Förderung und Erledigung des Rechtsstreits gedient habe und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei.

Siehe auch: Teilungsanordnung/Wertermittlungsanspruch/Miterben

4. Sorgfaltspflicht des Auskunftsschuldners/Eidesstattliche Versicherung/Streitwert des Auskunftsanspruches

Urteil des Hanseatischen OLG Bremen vom 17.02.2000, - 2U 101/99 – (ZERB 2000, 204)

1. Der Verdacht mangelnder Sorgfalt einer Auskunftserteilung kann sich nicht nur aus der Unrichtigkeit, sondern auch aus der Unvollständigkeit der Auskunft ergeben.

2. Das Interesse des Auskunftsgläubigers an der Abgabe der Versicherung an Eides Statt nach § 260 Abs. 2 BGB ist im Regelfall mit 1/10 des Wertes zu bemessen, der sich aus dem Verlangen in der Hauptsache ergibt.

us dem Verlangen in der Hauptsache ergibt.