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Annahme der EU-Erbrechtsverordnung

Grenzüberschreitende Erbfälle belaufen sich jährlich auf etwa 123 Milliarden Euro. Die am 8. Juni 2012 vom Rat der Justizminister angenommene Erbrechtsverordnung wird künftig dazu beitragen, dass deren Abwicklung nach einheitlichen Regelungen erfolgt

 

Die Verordnung sieht vor, dass sich das anzuwendende Recht nach dem Ort des letzten Aufenthaltes des Erblassers bestimmt. Der Erblasser kann aber auch das Recht seiner Staatsangehörigkeit wählen. Das EU-Parlament hatte den Vorschlag bereits am 13. März 2012 angenommen).

 

Ab Mitte 2015 findet die Verordnung auf grenzüberschreitende Erbfälle Anwendung. Das nationale Erbrecht der Mitgliedstaaten ändert die Verordnung hingegen nicht.

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Erbrecht des Erben bei Insolvenz 1 (Ausschlagung des Erbes)

Auch hier ein alltägliches Problem:

 

Der Erbe ist insolvent, der Gläubiger/Sozialleistungsträger möchte auf den Nachlass zugreifen.

 

Die Mutter des Erben ist verstorben. Es gibt ein Testament, welches noch nicht eröffnet ist. Über das Vermögen des Sohnes ist das Insolvenzverfahren eröffnet. Es ist nicht klar, ob der Sohn Erbe oder nur pflichtteilsberechtigt ist. Bisher ist kein Pflichtteilsverzicht erklärt worden. Der Sohn bezieht keine öffentlichen Leistungen (Sozialhilfe oder Hartz IV).

 

Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass er in der unten genannten Entscheidung zu bisher nicht höchstrichterlich entschiedenen Fällen entscheiden hat (im Ergebnis entgegen OLG Stuttgart und OLG Hamm).

 

BGH:

 

-        Der Schuldner ist nicht verpflichtet, den Pflichtteil geltend zu machen. Dies gilt auch in der Wohlverhaltensphase.

 

-        Der Schuldner ist nicht gehindert, das Erbe auszuschlagen.

 

 

(BGH, - IX ZB 168/09 -, Beschluss vom 10.03.2011).

 

 

Erbrecht des Erben bei Insolvenz 2 (Pflicht zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen)

 

Siehe Insolvenz 1

 

 

Ergebnis:

 

Die sozialregressfeste Nachlassgestaltung ist bestätigt und verstärkt worden.

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Pflichtteil/Pflichtteilsentziehung/entfernterer Abkömmling

 

Ein spannendes Problem:

 

Die Großeltern hatten sich in einem Berliner Testament zu Alleinerben eingesetzt, Erbe des Längstlebenden sollte der Sohn sein. Nach dem Tod des Großvaters widerrief die Großmutter in einem neuen Testament die Erbeinsetzung des Sohnes und entzog ihm auch den Pflichtteil. Begründung: „Mein Sohn hat das ihm anvertraute Geld veruntreut und dadurch mein Vertrauen in ihn erschüttert.“

 

Sie setzte den Enkel A als Erben ein. Dessen Bruder B macht Pflichtteilsansprüche gegen A geltend. Deren (enterbter) Vater lebt noch.

 

 

Fragen:

 

-        Konnte B als entfernterer Abkömmling ein gesetzliches Erbrecht haben, d. h. konnte sein Vater als näherer Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen enterbt werden? Oder ist der Eintritt des entfernteren Abkömmlings in die Erbfolge beschränkt auf folgende Varianten :

 

Tod des näheren Abkömmlings (§ 1924 Abs. 3 BGB),

Ausschlagung (§ 1953 Abs. 2 BGB),

Erbverzicht (§ 2346 Abs. 1 Satz 2, 2349 BGB).

 

-        Unter welchen Voraussetzungen kann die Erbeinsetzung widerrufen (bzw. der Pflichtteil entzogen werden (§ 2333 BGB?)

 

-        Wem gegenüber muss B (der entferntere Abkömmling) seine Rechte geltend machen? Dem Vater oder dem Bruder A gegenüber?

 

BGH:

 

-        Das gesetzliche Erbrecht des B (Enkel) besteht auch dann, wenn sein Vater als näherer Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen enterbt wird.

 

-        Die Voraussetzungen der Pflichtteilsentziehung sind nicht so hoch wie gemeinhin gedacht. Der Vorwurf der Veruntreuung von Geld genügt als Vorwurf des „schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser“ (§ 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Wie konkret der Vorwurf geschildert und dargelegt werden muss, ist nicht festgelegt und wird von den Obergerichten durchaus unterschiedlich gehandhabt. In dem hier entschiedenen Fall genügte dem BGH die Anordnung der Entziehung ohne jede Begründung.

 

-        Der entferntere Abkömmling B (Enkel) muss seine Rechte nicht gegen den näheren Abkömmling (seinen Vater) oder dessen Erben geltend machen, sondern gegen den Erben aus dem Testament, das der Erblasser verfasst hat (hier: sein Bruder A, der andere Enkel).

 

Der BGH hat die hier aufgeworfenen Fragen im Sinne der herrschenden Meinung entschieden und dies sehr ausführlich begründet.

 

(BGH, - IV ZR 204/09 -, Urteil vom 13.04.2011).

 

 

Ergebnis:

 

Keine Angst vor der Pflichtteilsentziehung! Keine Angst vor der Pflichtteilsklage!

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BGH erleichtert Rückforderung bei Zuwendungen an das Schwiegerkind

BGH, Urteil vom 03.02.2010, - XII ZR 189/06 - 

 

Der Bundesgerichtshof hat Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern an das Schwiegerkind deutlich erleichtert. Bisher wertete der BGH solche Zuwendungen ähnlich wie ehebezogene „unbenannte Zuwendungen“ unter Ehegatten. Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei Scheitern der Ehe konnten grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten, weil der güterrechtliche Ausgleich zwischen den Ehegatten Vorrang genieße.

 

Jetzt qualifiziert der BGH eine derartige Zuwendung als Schenkung. Scheitert die Ehe, können die Schwiegereltern verlangen, dass die Zuwendung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder auf der Grundlage von Bereicherungsansprüchen wegen Zweckverfehlung rückabgewickelt wird.

 

Probleme mit derartigen Zuwendungen bestehen auch oft in erbrechtlichen Zusammenhängen. Die Schwiegereltern möchten verhindern, dass das Schwiegerkind beim Tod des eigenen Kindes an dem Nachlass partizipiert, den sie dem eigenen Kind (oder den Enkeln) erhalten wollen.

 

Hier helfen kluge Nachfolgeregelungen (aufschiebend bedingtes Vermächtnis, Verschaffungsvermächtnis oder dergleichen).

 

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Pflichtteil in der Insolvenz (Behandlung eines während des Insolvenzverfahrens erworbenen Pflichtteils)

 

Nicht ganz brandaktuell, aber auch hier ein alltägliches Problem:

 

Nach Eröffnung, aber vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Ankündigung der Restschuldbefreiung stirbt der Vater des Schuldners, Alleinerbe ist der Bruder des Schuldners. Als der Insolvenzverwalter von dem Pflichtteil erfährt, beantragt er Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO über den gesamten Betrag (also nicht: Halbteilungsgrundsatz), das Insolvenzgericht ordnet die Nachtragsverteilung an. Der BGH stimmt dem zu.

 

BGH:

 

Der Pflichtteilsanspruch gehört zur Insolvenzmasse. Er ist während des laufenden Insolvenzverfahrens entstanden und der Zwangsvollstreckung nicht entzogen. Die Anordnung einer Nachtragsverteilung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren möglich, dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Schlusstermin nach § 197 InsO stattgefunden hat.

 

Der Pflichtteilsanspruch selbst ist mit dem Erbfall unbedingt entstanden. Aufschiebend bedingt ist nach dem Insolvenzrecht lediglich die zwangsweise Verwertbarkeit. Diese Wirkung tritt erst mit der vertraglichen Anerkennung des Anspruchs oder mit Rechtshängigkeit ein. Die uneingeschränkte, sofortige Verwertbarkeit ist aber keine Voraussetzung der Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zur Masse.

 

Dies bedeutet nicht, dass der Schuldner den Pflichtteil nicht ausschlagen könnte. Macht er ihn aber geltend, unterliegt der Pflichtteil als Neuerwerb der Nachtragsverteilung.

 

(BGH, - IX ZB 184/09 -, Beschluss vom 02.12.2010).

 

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Klausel auf Rückübertragung eines Grundstücks Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2017

 

Eine Entscheidung von großer praktischer Bedeutung:

 

Grundstücksübertragungen von Eltern auf ihre Kinder (aber nicht nur diese) enthalten häufig ein klassisches Quartett von Rückübertragungsverpflichtungen. Der Käufer/Übernehmer soll verpflichtet sein, das Grundstück auf den Verkäufer/Übergeber zurückzuübertragen, wenn:

 

a)     der Käufer/Übernehmer das Grundstück ganz oder teilweise ohne schriftliche Einwilligung des Verkäufers/Übergebers veräußert oder sonst das Eigentum daran verliert, belastet oder eingetragene Belastungen revalutiert,

b)     von Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz betroffen ist, sofern die Maßnahme nicht binnen kurzer Frist aufgehoben wird,

c)     in Insolvenz fällt, die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird, oder er die eidesstattliche Versicherung abgibt,

d)     vor dem Übergeber verstirbt.

 

Üblicherweise soll die Rückübertragung unentgeltlich erfolgen, diese Verpflichtung wird im Grundbuch durch Eintragung einer Vormerkung gesichert. Ob diese Rücktrittsklausel wegen Gläubigerbenachteiligung zulässig ist, war bisher umstritten.

 

Sachverhalt:

 

Mutter M verkauft an ihre Tochter T eine Eigentumswohnung und behält sich die unentgeltliche Rückübertragung bei Insolvenz der Tochter T vor. T fällt in die Insolvenz, M verlangt vom Insolvenzverwalter die Rückübereignung der Immobilie. Der Insolvenzverwalter verweigert dies mit der Begründung, das unentgeltliche Rückübertragungsrecht sei gemäß § 133 Abs. 1 InsO (Insolvenzordnung) anfechtbar. Er sei deshalb berechtigt, die Rückübertragung der Eigentumswohnung zu verweigern.

 

BGH:

 

1.

M steht ein Aussonderungsrecht gemäß §§ 74, 106 InsO zu. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die Wohnung auf M zurückzuübertragen und herauszugeben.

 

2.

Der Insolvenzverwalter hat aber ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der gesetzlichen Ansprüche nach §§ 346 ff. BGB (Rücktrittsrecht). Das gesetzliche Rücktrittsrecht sieht vor, dass die Gegenleistung (hier: Zahlung des Kaufpreises) und die Verwendungen zu erstatten sind.

 

(BGH, -IX ZR 288/14 -, Urteil vom 12.10.2017).

 

Anmerkung:

In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, Übertragungen von Immobilien mit der Klausel zu vereinbaren, dass im Falle der Insolvenz die Immobilie unentgeltlich zurückzugeben ist.

 

Bei Schenkungen sind die Auswirkungen erträglich, da der Beschenkte keine Gegenleistung erbracht hat und somit nichts zu erstatten ist. Die Verwendung auf die Immobilie werden in der Regel zu verkraften sein.

 

Anders ist es, wenn der Übernehmer durchaus eine Gegenleistung erbracht hat. Dies ist der klassische Fall, wenn das Kind die Immobilie nicht ganz umsonst, aber zu sehr günstigen Konditionen erhalten hat.

 

Wenn die Eltern die Immobilie zurückhaben wollen, werden sie noch einmal in die Tasche greifen müssen.

 

 

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Schenkung/Pflichtteil, 10-Jahresfrist

 

Ein alltägliches Problem:

 

Das Sozialamt hat jahrelang für Frau A, hochbetagt, ab 2010 Heimkosten übernommen. Frau A hatte 1999 mehrere Grundstücke auf ihren Sohn S unentgeltlich übertragen und sich an einem Grundstück ein lebenslanges Wohnrecht eintragen lassen.

 

Aus übergeleitetem Recht verlangt das Sozialamt von S Herausgabe der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers (Frau A).

 

Fragen:

 

-        Wann ist die Schenkung vollzogen und die 10-Jahresfrist nach § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB abgelaufen?

 

-        Blockiert das Wohnungsrecht für Frau A den Ablauf der 10-Jahresfrist?

 

BGH:

 

-        Die Frist beginnt mit dem Antrag auf Eintragung des Erwerbers im Grundbuch (nicht: Eintragung).

 

-        Die Fristlauf wird nicht durch das Wohnrecht blockiert.

 

Der BGH entscheidet hier erstmals, wann eine Schenkung als geleistet gilt. In Literatur und Rechtsprechung wurde diese Frage bisher unterschiedlich beantwortet.

 

Der BGH setzt sich ausführlich mit den verschiedenen Anwendungsbereichen und Interessenlagen bei der Schenkung und dem Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 3 BGB auseinander. Auch im Pflichtteilsrecht gibt es die magische 10-Jahresfrist (wie im Steuerrecht), und zwar für Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten. Dieser möchte das Grundstück, welches der Erblasser verschenkt hat, gerne in die Wertberechnung des Nachlasses hineinrechnen.

 

Der BGH bestimmt den Fristlauf verschieden. Bei der Schenkung eines Grundstücks ist ein Nutzungsrecht (Nießbrauch, Wohnungsrecht) unschädlich, beim Pflichtteil beginnt die Frist nicht zu laufen („Eine Leistung i. S. dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt, sondern auch darauf verzichtet, den verschenkten Gegenstand im Wesentlichen weiter zu nutzen“, BGH, - X ZR 140/10 -, Urteil vom 19.07.2011).

 

 

Ergebnis:

 

Der Sozialhilferegress ist erschwert worden.

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Pflichtteilsverzicht, Behindertentestament

Ein alltägliches Problem:

 

Der Erblasser hat ein überschuldetes/behindertes Kind/Erbe und möchte verhindern, dass im Erbfall die Gläubiger des Kindes/Erben oder Sozialleistungsträger Zugriff auf den Nachlass bekommen.

 

In der erbrechtlichen Literatur gibt es eine ganze Reihe von Gestaltungsvorschlägen, um Dritte so weit wie möglich auszuschalten. Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung die Rechte des Erblassers und des Erben klargestellt und verstärkt. Konkret entschied der BGH, dass der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers grundsätzlich nicht sittenwidrig ist.

 

In seiner Begründung ging der BGH aber weit darüber hinaus: Er stellte klar, dass die einschlägigen Gestaltungsmittel (klassisch z. B Testamentsvollstreckung in Verbindung mit Vor- und Nacherbschaft) zulässig sind und nachteilige Wirkungen zu Lasten der Allgemeinheit nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt werden müssen; es muss umgekehrt positiv festgestellt und begründet werden, weshalb zulässige Nachlassregelungen ausnahmsweise nicht hingenommen werden können.

 

(BGH, - IV ZR 7/10 -, Urteil vom 19.01.2011).

 

 

Ergebnis:

 

Die sozialregressfeste Nachlassgestaltung ist bestätigt und verstärkt worden.

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Zivilprozesskosten von der Steuer absetzbar

Die nachfolgend besprochene Entscheidung des BFH (= Bundesfinanzhof) betrifft nicht speziell einen erbrechtliche Fragestellung, ist aber auch für erbrechtliche Auseinandersetzungen von großer allgemeiner Bedeutung:
 

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12. Mai 2011 (Aktenzeichen: VI R 42/10) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.

 

Bisher konnten lediglich die Kosten eines Zivilprozesses von der Steuer abgesetzt werden, wenn es sich bei dem Rechtsstreit um Streitigkeiten von existenzieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen gehandelt hat. Diese enge Gesetzesauslegung hat der BFH nunmehr aufgegeben und seine Rechtssprechung dahingehend geändert, dass Zivilprozesskosten unabhängigen vom Gegenstand des Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Die Absetzung ist allerdings nur möglich, wenn die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist der Fall, wenn ein Erfolg des Prozesses mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg sei.

 

Dies wird überwiegend der Fall sein.

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Erbengemeinschaft, Kündigung Mietverhältnis durch Mehrheitsbeschluss

Nicht ganz aktuell, aber ein alltäglicher Problemfall:

 

Die Erbenmehrheit einer Erbengemeinschaft will ein Mietverhältnis kündigen, ein Miterbe ist dagegen.

 

Frage:

 

-        Kann das Mietverhältnis durch Mehrheitsbeschluss gekündigt werden?

 

BGH:

 

Unter bestimmten Voraussetzungen genügt ein Mehrheitsbeschluss. In solchen Fällen verdrängt die Verwaltungsbefugnis der Miterben (oder sogar eines einzelnen Miterben) nach § 2038 BGB die Regelung des § 2340 BGB, wonach die Verfügung über einen Nachlassgegenstand nur einstimmig getroffen werden darf.

 

Die Kündigung eines Mietverhältnisses ist eine Verfügung. Handelt es sich bei einer solchen Verfügung um eine Maßregel zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten und ist eine solche Maßregel nicht nur ordnungsgemäß, sondern aufgrund besondere Umstände auch erforderlich, darf die Erbenmehrheit durch Beschluss kündigen.

 

(BGH, - XII ZR 210/05-, Urteil vom 11.11.2009).

 

 

Ergebnis:

 

Unter bestimmten Voraussetzungen genügt entgegen § 2040 BGB für Verwaltungsmaßnahmen ein Mehrheitsbeschluss, auch wenn es sich dabei um Verfügungen handelt. Dies dürfte z. B. der Fall sein, wenn eine herunter gekommene Gewerbeeinheit, die kaum noch Mieteinnahmen abwirft, saniert werden soll, und deshalb gekündigt werden soll.

 

Es wäre dann auch bei Wohnraum an eine Eigenbedarfskündigung wegen Hinderung wirtschaftlicher Verwertung zu denken.

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Vermächtnis während Insolvenz des Erben

Auch hier ein alltägliches Problem:

 

Der Erbe ist insolvent, der Gläubiger/Sozialleistungsträger/Treuhänder möchte auf den Nachlass zugreifen.

 

Während der Wohlverhaltensphase verstirbt die Mutter des Schuldners. Sie hinterlässt ihm als Vermächtnis einen Grundstücksteil. Der Treuhänder erfährt von dem Vermächtnis und verlangt Aufklärung. Der Schuldner erklärt, er habe weder den Pflichtteil noch das Vermächtnis geltend gemacht, von dem Vermächtnis habe er erst von dem Treuhänder erfahren.

 

BGH:

 

„Tritt der Erbfall in der Wohlverhaltensphase ein, entsteht die Obliegenheit des Schuldners, die Hälfte des Wertes des Vermächtnisses an den Treuhänder abzuführen, erst mit der Annahme des Vermächtnisses. Die dadurch für den Schuldner bestehende Möglichkeit, den Halbteilungsgrundsatz zu umgehen, indem er das Vermächtnis erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode annimmt, muss in Kauf genommen werden.

 

Macht der Schuldner den Pflichtteil erst nach diesem Zeitpunkt geltend, tritt diese Folge ebenfalls ein.“

 

Und weiter:

 

Es liegt auch keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO vor (Verheimlichung von Vermögen).

 

„Ein schlichtes Unterlassen stellt dann ein Verheimlichen dar, wen eine Rechtspflicht zum Handeln – zur Offenbarung des Vermögensgegenstandes also – besteht. Die Pflicht, einen in der Wohlverhaltensphase eingetretenen Erbfall unaufgefordert schon zu einem Zeitpunkt anzuzeigen, zu dem die Erbschaft oder ein Vermächtnis noch ausgeschlagen werden kann oder noch nicht feststeht, ob ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, sieht die Insolvenzordnung nicht vor.“

 

(BGH, - IX ZB 168/09 -, Beschluss vom 10.03.2011).

 

 

Ergebnis:

 

Die insolvenzfeste Nachlassgestaltung ist bestätigt und verstärkt worden.

 

 

Weiterer Literaturhinweis:

 

Bisle, Testamentsgestaltung bei überschuldeten Erben, DStR 2011, 526

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Pflichtteil, Anrechnung Grundschuld bei Wertermittlung

 

Ist im Nachlass (auch) ein Grundstück vorhanden, stellt sich für den Erben und den Pflichtteilsberechtigten die Frage nach der Wertermittlung. Wird ein Grundpfandrecht (Grundschuld) vom Verkehrswert abgezogen oder nicht? Diese Frage hat große praktische Bedeutung, da in den meisten Grundbüchern in Abteilung III Belastungen eingetragen sind. Der Erbe (Verpflichtete) hat das Interesse, die Belastung vom Wert abzuziehen, der Pflichtteilsberechtigte, die Belastung nicht zu berücksichtigen, d. h. den reinen Verkehrswert seinem Pflichtteil zugrunde zu legen.

 

Der Pflichtteilsberechtigte hat recht. Auf Nachlassgrundstücken lastende dingliche Belastungen (z. B. Grundschulden) sind bei Berechnung des Pflichtteils nicht als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Sie bleiben solange als so genannte „zweifelhafte Verbindlichkeiten“ i. .S. von § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB außer Ansatz, als der Gläubiger die Grundschulden noch nicht in Anspruch genommen hat.

 

Es spielt auch keine Rolle, ob und in welcher Höhe die Grundschuld überhaupt noch valutiert.

 

Dies gilt jedoch nur, wenn es sich um Fremdgrundschulden handelt (also nicht Eigentümergrundschulden oder des Erben selbst, dies ist allerdings eher die Ausnahme). (BGH, - IV ZR 51/09 -, Urteil vom 10.11.2010).

 

Ergebnis:

 

Grundschulden sind beim Wert eines Grundstücks im Pflichtteilsrecht nicht abzuziehen.

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Jahressteuergesetz 2010

Eingetragene Lebenspartnerschaften

 

Im Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuerrecht (Art. 14 Jahressteuergesetz 2010) sind eingetragene Lebenspartner nunmehr vollständig mit Ehegatten gleichgestellt, auch hinsichtlich der Steuerklasse und des Steuertarifs. Anwendbar ist diese neue Regelung in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen auf Erwerbe, für welche die Steuer nach dem 31.07.2001 entstanden ist (§ 37 Abs. 5 ErbStG).

 

Auch im Grunderwerbsteuergesetz (Art. 29 Jahressteuergesetz 2010) wurden die eingetragenen Lebenspartner den Ehegatten gleichgestellt (§ 3 Nr. 3-7 GrEStG). Die Neuregelungen im Grunderwerbsteuergesetz sind erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 13.12.2010 verwirklicht wurden (§ 23 Abs. 9 GrEStG).

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Unverzinsliche Stundung, Haftungsrisiko

Zwischen nahe stehenden Personen werden gelegentlich langfristige unverzinsliche Stundungen vereinbart, z. B. bei Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen oder bei Grundstücksübertragungen im Wege vorzeitiger Vermögensnachfolge. Motiv: Eltern oder Eheleute wollen ihre Kinder/Ehepartner möglichst wenig belasten.

Diese Großzügigkeit kann sich rächen. Nach der so genannten „Aufteilungsrechtsprechung“ des Bundesfinanzhofes (BFH) ist bewertungsrechtlich der Wert unverzinslicher Forderungen oder Schulden. Deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, um einen Zinsanteil nach Abzug von Zwischenzinsen inter Berücksichtigung von Zinseszinsen zu kürzen, wobei von einem Zinssatz von 5,5 % p. a. auszugehen ist.

Diese Rechtsprechung basiert auf § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) und hat eine erhebliche Steuerbelastung zur Folge:

Die langfristig unverzinsliche Forderung bzw. Verbindlichkeit wird in einen Kapital- und einen Zinsanteil aufgeteilt. Der Zinsanteil führt beim Gläubiger zum Zeitpunkt des Zuflusses zur Einkünften aus Kapitalvermögen („Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art“). Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligten des Rechtsverhältnisses die Stundung ausdrücklich als „unverzinslich“ vereinbart haben.

Es besteht also eine Steuererklärungspflicht im Rahmen der Einkommensbesteuerung des Gläubigers und zu einem weiteren, in diesem Falle wohl meistens unfreiwilligen Vermögensnachteil des großzügigen Gläubigers/Übergebers.

Lösung
:
Entweder eine unverzinsliche Stundung von weniger als zwölf Kalendermonaten vereinbaren oder – bei längerfristiger unverzinslicher Stundung – eine niedrige Verzinsung vereinbaren, weil ansonsten die Finanzverwaltung einen Zinssatz von 5,5 % p. .a für die Abzinsung und den sich daraus ergebenden „Zufluss“ von Kapitaleinkünften vornehmen wird.

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Neue Regelungen zur Erbschaftsteuer/Entlastung für Verwandte

Als 2009 die Erbschaftsteuerreform in Kraft trat, wurde von Anfang an kritisiert, dass Geschwister sowie Neffen und Nichten wie entfernte Verwandte behandelt werden.

Das "Wachstums-Beschleunigungsgesetz" entlastet diese Erbengruppe seit Beginn des Jahres 2010, indem es die steuerliche Belastung von 30 bzw. 50 Prozent in ein Stufensystem von 15 bis maximal 43 Prozent (für Erbschaften von mehr als 26 Millionen Euro) umgewandelt hat.

Wie bei der Einkommensteuer gibt es auch bei der Erbschaftsteuer eine Progression, der Steuersatz steigt stufenweise an. Ein geringfügiges Überschreiten einer solchen Grenze hätte eine unangemessen hohe Steuerbelastung zur Folge.

Beispiel:
A erbt von seinem Bruder B 90 000,-- €. Nach Abzug des Freibetrags von 20 000,-- € wären 10.500,-- € Steuer fällig. Beträgt das Erbe hingegen 100.000,-- €, müsste A 16.000,-- € Erbschaftsteuer zahlen, weil der Steuersatz von 15 auf 20 Prozent steigt.

Um diese Härten zu vermeiden, werden die Steuersprünge durch eine Härteausgleichformel abgemildert: Bis zum Grenzwert gilt der niedrigere Steuersatz, der darüber hinausgehende Betrag wird nach einer speziellen Formel berechnet.

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Anrechnung von Vorempfängen

Will der Erblasser bei der Auseinandersetzung unter Miterben die Anrechnung von Vorempfängen auf den Erbteil über die dazu bestehenden gesetzliche Regeln insbesondere in § 2050 BGB hinaus erreichen, muss er dies durch letztwillige Verfügung anordnen; für eine Erbauseinandersetzung verbindliche Anordnungen können dagegen nicht durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden getroffen werden (BGH, - IV ZR 82/08 -, Urteil vom 20.10.2009).

Der Erblasser A hatte mit seinem Sohn S folgende schriftliche Schenkungsvereinbarung getroffen (auszugsweise):
"S hat sich die heutige Schenkung ...auf seinen Erb- und Pflichtteilsanspruch am künftigen Nachlass anrechnen zu lassen, ..."

Das geht nicht. A hätte (sinngemäß) schreiben müssen:
"Testament: Hiermit bestimme ich als meinen letzten Willen, dass: ,...´"

MERKE: KLEINER UNTERSCHIED, GROßE WIRKUNG!

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BGH erhöht Pflichtteil an Lebensversicherungen

BGH, Urteil vom 27.04.2010, - IV ZR 73/08 und IV ZR 239/08 –

Mit zwei in der Praxis wichtigen Entscheidungen hat der BGH die Rechte von Pflichtteilsberechtigten erweitert.

Es geht um die wirtschaftliche Bewertung von Lebensversicherungen beim Pflichtteilsanspruch:

Lebensversicherungen fallen mit wenigen Ausnahmen nicht in den Nachlass. Wenn ein Erblasser einen Dritten (also nicht den Pflichtteilsberechtigten) als Bezugsberechtigten eingesetzt hat, hat er den Dritten zu Lebzeiten beschenkt.

Der Wert der Lebensversicherung wird nun allerdings bei dem Pflichtteilsanspruch berücksichtigt, sprich: Zum Vermögen des Pflichtteilsschuldners gehört dann eben auch der Wert der Lebensversicherung.

Streit gestand bisher, ob hierbei

- die bisher eingezahlten Prämien als Vermögenswert anzusetzen waren (so das Kammergericht Berlin),

- die gesamte Versicherungssumme (die Todesfallleistung) als Vermögenswert anzusetzen waren (so das OLG Düsseldorf).

Der BGH geht einen Mittelweg: Der Rückkaufswert ist maßgeblich. Der Rückkaufswert ist fast immer deutlich höher als Summe der eingezahlten Prämien (aber meistes auch geringer als die Versicherungssumme.

Merke
:
Der Pflichtteilsberechtigte wurde wirtschaftlich (in fast allen Fällen) erheblich besser gestellt.

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